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Race Around Austria – zwischen Hitze, schwarzem Loch und großem Jubel

  • Autorenbild: Christine Waitz
    Christine Waitz
  • 26. Aug.
  • 4 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 29. Aug.

Die Vorbereitung auf das Race Around Austria war alles andere als einfach. Noch bevor das Abenteuer überhaupt begann, fielen gleich zwei Teammitglieder aus. Ein herber Rückschlag. Doch manchmal öffnet sich genau dann eine Tür, wenn man es am wenigsten erwartet. Gérard stieß zum Team – und bewies sich als wunderbare Ergänzung zur Mannschaft. Mit seiner Ruhe, seiner Akribie und seiner Empathie war er die perfekte Unterstützung des mittlerweile vielfach bewährten Teams. Gemeinsam mit Frank, Joe und Fernand bildeten wir schnell eine Einheit, die in den nächsten Tagen durch Dick und Dünn gehen sollte.


hinten v.l.: Gérard, Frank, Joe, Fernand
hinten v.l.: Gérard, Frank, Joe, Fernand

Der Start – Montag, 20:36 Uhr. Ein heißer Tag verabschiedete sich und wir fuhren in die Nacht hinein. Kaum auf der Strecke, hatte ich das Gefühl, bei einem 180-km-Zeitfahren gelandet zu sein – so hoch war das Tempo der anderen. Doch dann, mitten im Kampf gegen den Stress, den mir das ersteinmal verursachte, zeigte sich die Magie der Nacht. Auf einem Straßenpfosten saß eine Eule. Als ich mich näherte, flog sie in die mondhelle Dunkelheit davon. Ein einmaliges Erlebnis. Die Welt ist nachts stiller, aber zugleich intensiver. Wiesen, Waldboden, Natur – all das riecht man nur dann mit jeder Faser. Für mich ist das immer ein Ruhepol und in diesem Moment ein Geschenk mitten im Wettkampf.


Am ersten Tag brannte die Sonne bereits gnadenlos auf uns herab. Der Asphalt wie ein Grill, die Sonne erbarmungsloser Koch. Eigentlich kann ich gut mit Hitze, doch am Mittag merkte ich schon, dass ich ganz schön am Limit war. Dann der Knall: Nichts ging mehr. Kein Essen, kein Trinken. Nicht einmal Cola brachte ich mehr herunter. Mein Mund war staubtrocken. Ich war kurz davor, hinzuschmeißen. Und ehrlich: Hätte Frank mir nicht den dringend nötigen Arschtritt verpasst, wäre mein Race Around Austria dort zu Ende gewesen. In homöopathischen Dosen schafften wir es, mich wieder ans Essen und Trinken heranzuführen. Rettung in letzter Sekunde.


Die zweite Nacht war mild. Der Mond hing riesig am tiefblauen Himmel und so langsam klappte es auch mit dem Essen und Trinken wieder. Am Mittwoch wartete nach langen Geraden und Ebenen mit der Weinregion entlang der slowenischen Grenze eine der Schönheiten des Rennens auf uns. Wahnsinns-Ausblicke, geschwungene Straßen, die Weingüter passierten, Rampen, die forderten und doch belohnten. Ich genoss jeden Meter – noch nicht ahnend, dass genau diese Rampen später ihren Tribut fordern würden.



Das schwarze Loch


Nach einem weiteren brutalen Hitzetag schenkte mir das Team etwas, das besser war als jede Medaille: ein Duschzelt mit Dusche. Ich schwöre, nichts auf der Welt hätte sich in diesem Moment besser anfühlen können. Es folgte eine kurze Schlafpause. Zurück auf dem Rad ging mir noch der Gedanke: „Ach, das läuft ja ganz gut!“, durch den Kopf. Danach kann ich mich an nichts mehr erinnern. In meinem Kopf ein komplett schwarzes Loch. Irgendwie schleuste mich mein Team noch über Hügel und Berge, bis die Notbremse gezogen wurde.

Als ich wieder zu mir kam, dämmerte der Morgen grau vor den Fenstern des Transporters. Ich lag dort noch immer mit Helm, Brille und Radschuhen bekleidet und hatte offensichtlich geschlafen. Fernand stand an der Tür und fragte mit luxemburgischen Akzent: „Christine, bist du wach?“


Von da an wurde es (glücklicherweise) nur besser. Essen und Trinken funktionierten wieder, Müdigkeit blieb im Rahmen, die Beine machten ihren Job. Sogar die steilen Anstiege fühlten sich leichter an. Donnerstagabend, jubelte die gesamte Mannschaft einsam am höchsten Punkt des Rennens, am Großglockner. Nur meine Nackenmuskulatur war im Anstieg abhanden gekommen. Wie schon in Irland. Dieses Mal jedoch kannten wir die Lösung, und so blieb das Problem handhabbar.

Es folgte die wohl schönste Abfahrt des Rennens auf freier Straße. Für mich sind Abfahrten die pure Freude. Frank und Fernand begleiteten mich mit dem Follow Car selbst nachts, und wir flogen durch die Dunkelheit. Unbeschreiblich.


Wahnsinns-Unterstützung


Und auch dieses Mal gab es sie wieder, diese unvergesslichen Momente. Diese Momente, die ich mitnehme und die einfach nur wunderbar sind:


Im kleinen Dorf Birnbaum, mitten an einem Berghang erlebten wir, was Support bedeutet. Andreas, selbst im hohen Alter noch Ausdauersportler, empfing das Team mit Getränken, motivierenden Worten und sogar einer Spende. Einfach so. Wahnsinn! Auf dem Weg in Richtung Bludenz, es war Nachts um kurz nach 1 Uhr, bekam ich Begleitung den Pass hinauf. Im Ort passierte ich eine jubelnde Gruppe. Daraus sprang ein junger Mann aufs Rad "Wenn du möchtest, begleite ich dich bis auf die Passhöhe. Du musst auch nicht reden – ich erzähle gerne und versuche dir damit die Strecke etwas einfacher zu machen", bot er an. "Wenn es dir lieber ist, können wir uns aber auch unterhalten." Ich erfuhr, dass seine Gruppe von Telemark-Skifahrern immer zum RAA Jahreshauptversammlung macht und sie dann die Teilnehmer anfeuern. Für mich war das eine ganz besondere Geste, die man doch einfach öfter im "normalen Leben" anwenden könnte: Man könnte sich zu jemandem gesellen, der es gerade schwer hat, dem es vielleicht nicht so gut geht. Man könnte sagen, "wenn du möchtest, begleite ich dich – einfach so!" "und wenn du dich danach fühlst, sprechen wir drüber. Vielleicht wird's dann einfacher." Toll!

Auch meine Patentante, mein Patenonkel, mein Athlet Konrad und seine Frau Heike besuchten mich an der Strecke. Jeder einzelne Moment des Zuspruchs machte das Rennen leichter.


Fotos: Race Around Austria – Anze Furlan, Blaz Oman und Jure Gasparic


Die letzten Kilometer


Abgesehen von Nackenhalterung-Stops, tauben Fingern und ein paar Wetterkapriolen lief es wie im Flow. Selbst der Hochkönig, sonst gefürchtet, war für mich eine Freude. Viele besondere Erinnerungen hängen an diesem Berg und machten die Rampen etwas einfacher.

Und dann: die letzten 40 Kilometer, tief in der Nacht. Sie waren überraschend gut zu fahren. Als die Roller des Orga-Teams auftauchten, wusste ich: Wir sind da. Wir haben es geschafft. Im Zielort räumten die letzten Feiernden vom Dorffest gerade zusammen – und trotzdem war der Empfang herzlich, warm, unvergesslich. Noch besser: Stefan, der das Rennen auch im Vorfeld unterstützte, und Klaus waren extra für mich angereist. Welch tolle Geste – Danke!

Besonders das RAA-Orga-Team hat wieder einmal bewiesen, was es heißt, ein Rennen mit Herzblut auf die Beine zu stellen. Freundlich, attraktiv, unglaublich herzlich. Mein größter Respekt gilt den beiden erstplatzierten Damen: eine Wahnsinns-Leistung, die mich tief beeindruckt.

Für mich bleibt: Dieses Race Around Austria war wieder ein unvergessliches Abenteuer. Ich bin Frank, Joe, Fernand und Gérard unendlich dankbar, dass sie ihre Zeit für mich opfern, diese Strapazen, die für sie ebenso groß sind, wie für mich, auf sich nehmen, dass sie mich mit ihrer Freundschaft und so unglaublich großem Vertrauen ans Ziel gebracht haben. DANKE!

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Fotos: Michael Rauschendorfer, Ingo Kutsche, Thomas Futterknecht, Rico Schneller

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