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  • AutorenbildChristine Waitz

Der Kopf ist mein stärkster Muskel – oder wie ich Weltmeister mit 75 Jahren wurde

Aktualisiert: 27. Nov. 2023

Der Holzkirchner Konrad Puk bei der POWERMAN Duathlon WM in Zofingen


Seit 1989 treffen sich im September die weltbesten Duathleten beim POWERMAN in Zofingen in der Schweiz. Bei der 15. Weltmeisterschaft im Langdistanz-Duathlon, die trotz diesen Titels sehr familiär ist, sind 10 km zu Laufen, 150 km Rad zu Fahren und zum Abschluss nochmals 30 km zu Laufen. In diesem Jahr haben die sehr guten Organisatoren die Laufstrecken neu strukturiert, die Radstrecke leicht modifiziert und die Wechselzone publikumswirksamer an einem neuen Ort aufgebaut. Geblieben sind die insgesamt 190 km mit den legendären und anstrengenden 2450 Höhenmetern im malerischen Schweizer Voralpenland.


151 Athleten aus mehr als 20 Ländern traten an, um in der Elite und in den Altersklassen von 20 bis 75+ Jahren ihre Weltmeister zu küren. Der 75-jährige Holzkirchner Konrad Puk war in Zofingen zum sechsten Mal am Start. Mit 67 Jahren nahm er dort zum ersten Mal an einem Duathlon teil. „Es ist nie zu spät anzufangen!“, ist er überzeugt und ergänzt: „Ich liebe die freundliche, hilfsbereite und tolerante Atmosphäre bei diesem Wettbewerb.“


Konrad Puks Bericht zum Rennen


Bei etwas untypischem Wetter in Zofingen – es war sonnig und trocken – fiel der Startschuss für uns Männer über 65 Jahre um 8:06 Uhr. Die erste Laufstrecke über zwei Runden mit jeweils gut fünf Kilometern Länge und 100 Höhenmetern ging über wechselnden Untergrund, langsam immer steiler werdend, bis zu einem Hochplateau bergauf, um dann über einen teilweise sehr steilen Abstieg, einen sogenannten „Mörderbakken“, wieder zurück zur Startlinie zu kommen.

Ich konnte in diesem Jahr meine Mitbewerber relativ lange von hinten sehen, denn ich habe mir angewöhnt, immer mein Tempo zu Laufen und mich nicht zu einer schnelleren Gangart verleiten zu lassen. Bereits auf der ersten Laufstrecke fand ich meinen Rhythmus über das stets wechselnde Geläuf und überwand auch den steilen „Mörderbakken“ abwärts verletzungsfrei.


Nach gut einer Stunde durfte ich auf mein Rennrad steigen, um in drei Runden à 50 km und 590 Hm die 150 Kilometer zu bewältigen. Die nicht abgesperrten Strecken waren durch die vielen Helfer recht gut gesichert. Die Straßen waren trocken, aber meist rau und es ging immer hoch oder runter für mich.

Die erste Radrunde lief fast plangemäß. Leider hatte sich ein Stück von meinem Riegel in der Kehle verklemmt. Ich musste häufiger Husten und hatte erst einmal Probleme mit meiner Atmung. Nach einiger Zeit hatte sich jedoch der Kloß im Hals gelöst. Nun konnte ich auch die Zuschauer am Streckenrand wahrnehmen, die mich anfeuerten. Problematisch war ein neuer Abzweig, wo in einer leichten Linkskurve nach rechts abgebogen werden musste. Hier irritierte mich ein großer rechteckiger Kanaldeckel mitten auf der Straße, den ich auf keinen Fall überfahren wollte. Da ich links vorbeifuhr, kam ich sehr nahe an den Randstein und ich sah mich schon im Straßengraben. Ich konnte gerade noch die Kurve kriegen.



Auch in den folgenden beiden Runden war dies immer eine schwierige Passage für mich. In der zweiten Radrunde machte sich leider eine alte Verletzung am Knie bemerkbar. Ich wollte auf alle Fälle ins Ziel kommen, so habe ich meinen Krafteinsatz vermindert und leichtere Gänge gewählt. Nun kam ich langsamer voran, mein eingeplanter Zeitpuffer wurde etwas kleiner, dafür hat das Knie gut durchgehalten. Nach gut 6:20 h konnte ich mein Rad abstellen. Da habe ich mich noch ganz gut gefühlt, habe Freunde an der Wechselzone getroffen und die Profis bewundert, die schon die 190 km bewältigt hatten und im Ziel waren.


Der Kopf als stärkster Muskel beim abschließenden Lauf


Vor mir lagen nun noch vier Runden à 6,75 Kilometer mit jeweils 125 Höhenmetern und vier Anstiege am „Mörderbakken“. Von der Wechselzone in Zofingen ging es zuerst steil über eine Teerstraße und dem „Mörderbakken“ aufwärts zu einem Platz oberhalb von Zofingen und von dort über mehr oder minder steile Schotter- und Geröllwege in den Wald oberhalb des Platzes und wieder zurück auf den Platz. Von dort ging es abwärts zur Wechselzone. Trotz der Hitze sind mir die ersten Runde relativ leicht gefallen. Den „Mörderbakken“ konnte ich fast dreimal hoch laufen. In den letzten beiden Runden habe ich häufiger meine Gangart gewechselt. Denn trotz meiner regelmäßigen Besuche an den Verpflegungsstationen zum Kühlen und zur Nahrungsaufnahme ging mir langsam die Kraft aus.


Mein Kopf wurde jetzt zu meinem stärksten „Muskel“. In diesen Phasen hat mir auch geholfen, dass mir bekannte und unbekannte Athleten entgegengekommen sind. Wir haben uns gegenseitig angefeuert, haben unsere bisherigen Leistungen gelobt. Das und das Lachen der Zuschauer gab mir immer wieder neue Impulse. Vergiss Dein Lachen nicht! So kam ich immer wieder ins Laufen und freute mich auf die nächste Verpflegungsstation mit freundlichen Worten, Getränken und Essen. Danach ging es meistens bergab – auch das hatte ich vorher trainiert.


Doch wie beim Radeln, wurden auch beim Laufen meine Rundenzeiten immer länger. Doch hatte ich meinen Rhythmus, um im Flow zu bleiben. Nach 11:30:00 h konnte ich rechtzeitig, glücklich und gesund mit einer Bauchlandung mein Ziel erreichen. Der Veranstalter empfing mich herzlich und überreichte mir als letztem Mann und erster in meiner Altersklasse einen Strauß Blumen.


Ach ja: ich war der älteste Teilnehmer im Wettbewerb.


Mein Fazit: Es hat mir sehr viel Spaß gemacht. Es war ein ständiges Auf und Ab, ein bisschen wie ein „Ritt auf der Rasierklinge“. Schnell genug zu sein, aber keine Verletzung und auch keinen Krampf zu riskieren. Im Ziel war ich sehr zufrieden und habe die Glückwünsche genossen.


Meine erste WM-Goldmedaille


Bei der sich anschließenden Siegerehrung im Stadtsaal von Zofingen konnte ich ohne Probleme auf das Podest steigen und meine erste WM Goldmedaille in Empfang nehmen. Dies war ein sehr schöner, glücklicher und bewegender Moment für mich. Sechsmal habe ich nun den POWERMAN in Zofingen erfolgreich beendet. Ich kann es immer noch nicht fassen, zu welcher Leistung mein Körper und mein Geist fähig sind. Dieser Wettbewerb hat mir so viel Freude bereitet, dass ich mich für das nächste Jahr schon wieder angemeldet habe. Mein Motto heißt: „Wer es nicht probiert, hat schon verloren“ und für den Jubilee Club (10 erfolgreiche Finish in Zofingen) fehlen mir nur noch 4 Teilnahmen.

Zu guter Letzt hat sich herausgestellt, dass ich der älteste Finisher bin, der je bei einem POWERMAN in Zofingen ins Ziel gekommen ist.


Diese Leistung war mir nur möglich, weil ich in den mehr als 20 Jahren so viel Unterstützung und Anerkennung erhalten habe. Dafür will ich mich bei ganz vielen Menschen bedanken. Besonders erwähnen will ich meine Frau Heike, meine neue Trainerin Christine Waitz, die mich so gut auf die Saison und meine Wettbewerbe vorbereitet und eingestellt hat und Dank an meinen Freund Gerd Fischer, der mich auf Zofingen aufmerksam gemacht hat. Und vielen Dank an meine beiden Heimatvereine, den RSLC Holzkirchen und den SV GW Holzkirchen, an die Triathlon Verbände, die DTU (Deutschland) und den BTV (Bayern). Vielen Dank auch an die Menschen von POWERMAN.swiss, die so ein Event immer wieder so hervorragend organisieren. DANKE, DANKE, DANKE.


Konrad Puk,

Mitglied der Deutschen Altersklassennationalmannschaft seit 2015, jetzt in der AK75



Links:

https://vimeo.com/event/3651781/embed/cb070eefd1 8 h Übertragung in englischer Sprache

https://youtu.be/TM_dIw1P3uI Zofingen-2023 2h Übertragung in Schweizer Deutsch

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