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  • AutorenbildChristine Waitz

Athletenbericht: Mehr als nur tolle Trainingspläne

von Aldo Zanetti Es war der 24. August 2019. Nach einer gelungenen Saison 2019 hatte ich mir bereits neue Ziele für 2020 gesteckt. Da passierte es. 14.15 Uhr – kurz nicht aufgepasst, ein Knall. Ich stürzte, rutschte einige Meter über den Asphalt, merkte nicht nur Schürfwunden, sondern auch einen Bruch. Wenig später wurde ich mit dem Helikopter ins Spital geflogen.


Die Untersuchungen ergaben eine Schenkelhalsfraktur und ein Schädel-Hirn-Trauma.


Mein erster Gedanken galt natürlich meiner Tochter, die mich um 16.00 Uhr zu Hause erwartete. Sie wurde gleich darüber informiert, was geschehen war.


Mein zweiter Gedanke war: "Kann ich im Juni 2020 mein geplantes Rennen in Frankfurt starten?"Die Ärzte sagten mir, dass ich in etwa in neun Monaten langsam wieder mit dem Training beginnen könne. Das wollte ich nicht glauben. Noch vor meiner Operation am Abend rief ich Christine an und informierte Sie über meinen Unfall. Was genau ich sagte, daran kann ich mich nicht mehr erinnern. Die OP verlief glücklicherweise gut und ich durfte nach einer Woche in Begleitung (meiner Krücken) nach Hause. Die Begleitung begleitete mich bis Ende November.


Auf dem Weg zurück


Nun, zu Hause, da ich alles alleine meistern wollte, merkte ich schnell, dass es schwierig sein würde. Kochen das ging ja noch. Doch dann den Teller auch zum Tisch zu bringen – oh, wie sollte das gehen?

Christine fragte oft wie es mir geht. Ich schaute täglich in Trainingspeaks, ob etwas im Plan stand und ich fand immer "GUTE BESSERUNG!"

Ab dem 2. September stand dort nicht mehr "Gute Besserung", sondern ein sportliches Unterhaltungsprogramm. Zum Beispiel ein Link zu Filmen, Büchern, Texten. Fast täglich fand ich im "Trainingsprogramm" etwas, das mich motivierte.


Am 2. Oktober musste ich zur Nachkontrolle. Alles heilte gut und der Arzt meinte,

ich dürfe das Bein jetzt zu 30% belasten und mit der Physiotherapie beginnen.

Ich fragte ihn: "Dann darf ich ja auf dem Hometrainer radfahren, oder?" Er schaute mich an und meinte, ich solle doch zuerst noch zur Physiotherapie.

Doch ich wollte nicht mehr nur herumsitzen und nichts machen. Ab 03.10.2019 stand deshalb mein alter Hometrainer im Wohnzimmer. Erster Versuch: Nach drei Minuten fand ich es total unbequem – so, fertig.

Gleich daneben stand mein Tribike auf der Rolle. Ich versuchte darauf zu steigen. Brauchte zwar 12 Minuten, bis ich saß, hatte dann aber ein großes Grinsen im Gesicht. Nur: "Was mache ich jetzt mit den Krücken? - Schlecht organisiert." Dennoch fuhr ich meine ersten zehn Minuten ohne Widerstand auf dem Rad. Ab dann ging es wieder bergauf.


Christine plante für mich Radeinheiten. Ganz langsam steigerte ich die Dauer und in kürzester Zeit konnte ich schon 70 Minuten Radfahren. Die Belastung lag zwar nur bei 30%, aber immerhin Bewegung.


"Wir haben Zeit"


Die Wunden waren mittlerweile geheilt. Ich beschloss ins Schwimmbad zu gehen, durfte die Behinderten-Garderobe benutzen und ging mit Pullboy ins Wasser.

Ich fragte Christine, wie sie meinen Start beim IM Frankfurt sähe. Ihre Antwort: "Wir haben noch genug Zeit."

Ende November durfte ich meine treue Begleitung abgeben und ohne Krücken laufen. Ich trainierte mittlerweile wieder normal mit Rollentraining und Schwimmen. Eine Sportart fehlte noch, das Laufen. Der Physio meinte, ich solle es auf dem Laufband probieren. Ich fragte Christine und sie stimmte einem vorsichtigen Versuch zu.

Mitte Dezember stand ich für sechs Minuten auf dem Laufband. Es zwickte überall: Hüfte, Oberschenkel, Rücken etc. Zwei Tage später stand ich wieder auf dem Laufband. Mein Ziel waren zehn Minuten. Fast jeden zweiten Tag ging ich auf das Laufband und im Januar konnte ich bereits meine ersten 45 Minuten draußen laufen.


Meine Frage an Christine: "Was meinst Du zum IM Frankfurt?" Ihre Antwort: "Wir haben noch Zeit."


Im Februar fragte ich Christine: "Ich würde gerne um den Lago Maggiore fahren, ca. 180 Kilometer, was meinst du dazu?" - "Geht in Ordnung, aber ernähre dich richtig!", sagte sie.

Ich fuhr die 180 Kilometer ohne große Mühe. Da merkte ich, dass das Training super wirkte. Ich sagte mir: "Wir haben noch Zeit, also dranbleiben."

Anfang März konnte ich schon 90 Minuten laufen und ich war sehr fleißig am Schwimmen – das mache ich ja nicht so gerne.

Dann kam die Verschiebung (oder Absage des IM Frankfurt). Was für eine Enttäuschung. Ich wollte starten, denn ich hatte das Gefühl gut vorbereitet zu sein.

Am 17. Mai fragte mich ein guter Freund, ob ich mit Ihm nach Bellinzona fahren würde. Eine Tour von 245 Kilometern. Ich antwortete: "Ich muss zuerst Christine fragen, was sie dazu meint." Und Christine meinte: "Ja, so wie im Februar!" Also gut ernähren und alles easy.

Ich erreichte das Ziel in Bellinzona super happy.



Mein Fazit


Vor 18 Monaten hatte ich fast kein Gefühl. Manchmal zu hart Rad gefahren, manchmal zu schnell gelaufen. Ich konnte nicht einschätzen, wie schnell ich renne.

Heute kann ich sagen, dass ich langsam lerne, diese Dinge einzuschätzen. Ich habe ein besseres Gefühl für mich und die Belastungen und Herausforderungen. Auch das ist eine Fähigkeit von Christine, obwohl Sie einige Kilometer entfernt ist. Sie weiß genau wie der Athlet tickt und macht den ihn selbständiger.


"Wir haben Zeit!" – ich glaube, wir hätten das Ziel, mein Finish beim Ironman Frankfurt, erreicht, bzw. wir hätten es geschafft.


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