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  • AutorenbildChristine Waitz

Abenteuer Weihnachten

Aktualisiert: 8. Jan. 2020

Wann war Weihnachten eigentlich das letzte Mal spannend und aufregend? 2019! Statt Weihnachtsgebäck gab es allerdings Tütenessen. Statt der gemütlichen Couch die Sitzfläche im Schnee. Statt behäbigem Verdauungsspaziergang fünf Tage Schneeschuhtour mit reichlich Gepäck.


Doch von vorne.


Schon im Jahr zuvor hatte ich mir vorgenommen das nächste Weihnachten nicht zu Hause zu verbringen. Nicht, dass ich die Familienfeiern nicht schätzen würde. Doch Ruhe fand ich an diesen Tagen selten. Von Festivität zu Festivität. Dazwischen schnell die Emails gecheckt – dem Postfach zu urteilen, scheinen alle anderen ja auch zu arbeiten. Von einer Festtags-Diskussion zur Nächsten. Nach der "staden Zeit" fühlt es sich dann erst recht an, als bräuchte man Urlaub.


Als Jörn fragte, ob ich Lust hätte, mit nach Lanzarote zu fliegen, war ich hin und her gerissen: Prima – doch in der Budgetplanung leider so nicht vorgesehen. Der nächste Vorschlag ließ nicht lange auf sich warten und passte schon besser: Ganz unweihnachtlich wollten wir in Hamburg das Tipi-Zelt und den Campingofen ausprobieren.


Wann genau unser Zeltplatz dann 2300 Kilometer gen Nordosten verrutschte – ich weiß es nicht...


Spätestens dann jedoch, als ich knappe 40 Kilogramm Gepäck nach Hamburg geschafft hatte, war klar, einmal mehr dürfte die Reise ein kleines Abenteuer werden. Das Vorhaben schien simpel: Mit Rucksack und Zugschlitten wollten wir einen kleinen Teil des 82 Kilometer langen Karhunkierros-Trails in Lappland mit Schneeschuhen wandern.


Während bei uns weit und breit kein Schnee zu finden war, wurden wir in Juuma von weit mehr Neuschnee begrüßt, als es zu dieser Jahreszeit üblich ist. Schon auf der ersten Erkundungstour wurde klar: Weihnachten würde anstrengend werden! Während ich ausnahmsweise einmal den Vorteil von geringer Körpergröße- und -gewicht genoss, sank Jörn über 30 Zentimeter im weichen Pulverschnee ein.





Mit 80 Kilogramm Gepäck durch Finnland


"Was der Mensch nicht alles braucht," schüttelte eine Mitreisende abschätzig den Kopf, als ich mit voll bepacktem Rucksack und Reisetasche den Zug nach Hause bestieg. "Wenn du nur wüsstest!," grinste ich insgeheim. Zelten bei bis zu Minus 20 °C erfordert durchaus einiges an Material. Eben das planten wir in Rucksäcken und mit einem Transportschlitten auf dem Trail mit uns zu führen.


Peter Ustinov sagte einmal: "Planung bedeutet, den Zufall durch den Irrtum zu ersetzen." Unser Schlitten lief weit weniger gut, als wir geplant hatten. Wir gingen also bald dazu über, unsere immerhin knapp 80 Kilogramm Gepäck in mehreren Etappen, über mehrere Läufe zu transportieren. Kein Problem. Man hatte ja sonst nicht besseres zu tun.


Feuer, bitte!


Der erste Lagerplatz entschädigte durch seine traumhafte Lage direkt auf einer Kuppe für das wenig weite Vorankommen. Noch in der Dämmerung schafften wir es, das Tipi aufzubauen und fanden eine umgestürzte Birke, die uns als Feuerholz dienen sollte.

Denkste.

Das Feuer, das im Sommer ganz einfach mit etwas Totholz und Reisig zu bewerkstelligen ist, war dank des feinen, durchgängigen und nicht gerade dünnen Eismantels nun kaum in Gang zu bringen. Bei Minusgraden werkelten wir über eine Stunde, bis im Ofen ein Feuerchen mehr schlecht als recht dahinzüngelte. Bis das Teewasser kochte, dauerte es sicher nochmals 60 Minuten. Die gute Nachricht: Zumindest langweilig wurde es nicht. Ununterbrochen drehte sich alles darum, das Feuer in Gang zu halten und frisches Feuerholz zu trocknen.


Die nächsten Tage klarte das Wetter auf, was traumhafte Wanderungen durch unberührte Natur bescherte. Feine, glitzernde, unberührte Schneeflächen. Sonnenauf- und -untergänge, die im nordischen Winter in eine einzige weiche, orangene Farbpracht verschmelzen. Das Stapfen über unberührte Bergkämme. Alles andere wird plötzlich zur Nebensache.





Sterne zählen bei Minusgraden


Im Zelt bei Minusgraden übernachten? Weniger schlimm, als ich es mir im Vorfeld vorgestellt hatte. Einzig in der letzten Nacht, als sich Frost um Minus 20°C angekündigt hatte, konnte ich nicht schlafen. Das lag weniger daran, dass ich fror – tatsächlich war ich unter zwei Daunenschlafsäcken warm eingepackt – als daran, dass ich unterbewusst permanent kontrollierte, ob ich auskühle. Die hauseigene Körper-Alarmanlage hatte die Warnstufe raufgesetzt – eine durchaus ungewöhnliche Erfahrung.


Besonders aber in den eiskalten Nächten bot der Himmel sein schönstes Panorama. Ohne Lichtverschmutzung funkelten die Sterne in tiefster Nacht. Einzig die Hoffnung auf Nordlichter wurde dieses Mal nicht erfüllt.

Macht nichts – ein weiterer Grund, um vielleicht wieder einmal Abenteuer-Weihnachten zu feiern.


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